Weißenfels erinnert an ein demokratisches Schlüsselereignis
35 Jahre erste freie Kommunalwahlen in der DDR
Mit
einer Gedenkveranstaltung im Sitzungssaal des Rathauses erinnerte die Stadt Weißenfels am 6. Mai 2025 an ein bedeutendes Kapitel ihrer Geschichte: den 35. Jahrestag der ersten freien Kommunalwahlen in der DDR am 6. Mai 1990. Zahlreiche Gäste, darunter Zeitzeugen, politische Akteure von damals und heute sowie interessierte Bürgerinnen und Bürger, kamen zusammen, um diesen historischen Meilenstein zu würdigen.
Oberbürgermeister Martin Papke eröffnete die Veranstaltung mit einem eindringlichen Appell an das demokratische Verantwortungsbewusstsein:
„Wir sind Zeugen und Erben dieser Situation. Aus wirren Zeiten Ordnung zu machen ist eine Pionierarbeit. Am Ende war es Arbeit – und am Ende war es gut“, so Papke. In seiner Rede erinnerte er an die Kraft der Friedlichen Revolution und die zentrale Rolle, die der Runde Tisch in Weißenfels für den politischen Neuanfang spielte. Besonders hob er hervor: „Was wir heute als Selbstverständlichkeit erleben, war damals ein großer Schritt in eine neue Zeit.“
Ein Festvortrag des Theologen, Pädagogen und Autors Lothar Tautz ließ die bewegten Monate vor der Wahl noch einmal lebendig werden. Tautz, der 1989 in Weißenfels eine führende Rolle am Runden Tisch spielte, erinnerte daran, dass Demokratiearbeit nicht mit dem Wahltag begann: „Der Runde Tisch war eckig – und doch sind wir immer zu einvernehmlichen Beschlüssen gekommen.“ Die Arbeitsgruppen, die sich damals mit Themen wie Bildung, Handel oder dem baulichen Zustand der Stadt beschäftigten, seien Ausdruck eines tiefen demokratischen Willens gewesen. Tautz erinnerte aber auch daran, wie mühsam der Weg war – und wie wichtig es heute sei, den Geist dieser Zeit wachzuhalten.
Ein Höhepunkt des Abends war die Podiumsdiskussion unter der Moderation von Maik Reichel, Direktor der Landeszentrale für politische Bildung Sachsen-Anhalt. Gemeinsam diskutierten Gisela Bevier, Vorsteherin der ersten frei gewählten Stadtverordnetenversammlung von 1990, Zeitzeuge Lothar Tautz, Politikwissenschaftlerin Mariam G. Ghebregergis sowie Johannes Beleites, Landesbeauftragter zur Aufarbeitung der SED-Diktatur, über die Bedeutung demokratischer Mitbestimmung damals und heute.
Gisela Bevier, die später auch Oberbürgermeisterin von Weißenfels war, erinnerte an die Aufbruchsstimmung jener Zeit: „Wir wollten Weißenfels voranbringen. Es waren viele aufgeschlossen und wollten den Weg gehen. Aufeinander zuzugehen war angenehm wohltuend.“
Die Veranstaltung schloss mit einem klaren Appell an die Gegenwart. Oberbürgermeister Papke betonte: „Bedingungsloses Zuhören fehlt heute vielerorts. Doch das Rezept bleibt der echte Dialog. Es ist keine Option, nicht miteinander zu reden.“